Controlling zur Sicherung des Erfolgs (Teil 2)

Im letzten Teil unseres Leitfadens haben wir die Notwendigkeit eines sauberen Controllings der eigenen SEA-Kampagne aufgezeigt:

• Umsatzeinbußen durch Trafficableitung zu Brand Biddern und AdHijackern (Affiliates)
• Zu hohe Kampagnenkosten (CPC) durch eine Vielzahl von BrandBiddern
• Unberechtigte Provisionszahlungen an AdHijacker (Affiliates)
• Mögliche Probleme mit Markenimage bei Werbung durch Channelpartner

Dieser Teil unseres Leitfadens beschäftigt sich damit, wie sich der Schaden durch BrandBidding und AdHijacking einfach ermitteln lässt, und wie man Maßnahmen zur Sicherung des eigenen Umsatzes ergreifen kann.

 

- Ermittlung des Schadens durch BrandBidding
 

Ermittlung Schaden BrandBidding

 

Grundsätzlich kann nur einen Schaden durch BrandBidder unter dem eigenen Markenbegriff geben, wenn der Markeninhaber auch selbst eine entsprechende Anzeige schaltet, da er nur dann mit BrandBiddern um den wertvollen Traffic konkurriert.

Die täglich möglichen Klicks unter einem Keyword auf Anzeigen verteilen sich auf alle unter dem Keyword gleichzeitig Werbetreibenden. Dabei erzielt die beste Anzeigenposition den größten Klickshare, während die niedrigste Anzeigenposition nur einen geringen Klickshare enthält. Die Verteilung des Klickshare ist dabei abhängig von der Anzahl an gleichzeitig Werbetreibenden.

Ist der Markeninhaber der einzige Werbetreibende unter seiner Marke, entfallen 100% Klickshare auf ihn. Bei 11 Anzeigen entfallen nur noch ca. 23% Klickshare auf die erste Anzeigenposition – 77% der Klicks verteilen sich auf die übrigen Werbetreibenden.

 

Wie lässt sich daraus jetzt ein Schaden errechnen?

Schaden bedeutet in diesem Fall, welchen Mehrumsatz man realisieren kann, wenn mehr Klicks auf die eigene Anzeige entfallen. Moderne Analysesysteme liefern dabei folgende Informationen:

- Anzahl gleichzeitiger Werbetreibender (wichtig für Klickverteilung)
- Klickanteil Position X (Position der eigenen Anzeige)

Zusätzlich braucht man noch kundenindividuelle Werte (z.B. aus AdWords, intelliAd, etc.):

- Durchschnittliche eigene Klicks pro Tag für den Markenbegriff
- Eigene Konversionsrate für den Markenbegriff
- Durchschnittlicher Warenkorb für den Markenbegriff

Mit Hilfe der Anzahl an eigenen Klicks, sowie dem Klickanteil lässt sich die Anzahl der Klicks pro Tag ermitteln, die auf andere Anzeigen entfallen. Erreicht die eigene Anzeige einen Klickanteil von 33% bei 1000 Klicks pro Tag, so entfallen ca. 2000 Klicks auf die restlichen Anzeigen.

Bei einer Konversionsrate von 2,4% und einem angenommenen Warenkorb von 200 EUR erzielt der Markeninhaber bei 1000 Klicks pro Tag aktuell einen Umsatz von EUR 4.800.

Jetzt lässt sich leicht errechnen, welcher tägliche Mehrumsatz sich ergibt, wenn nur 20% der Klicks auf die restlichen Anzeigen dem Markeninhaber wieder zu gute kommen:

400 Klicks * 2,4% Conversion * 200 EUR Warenkorb
oder
EUR 1.920

 

Konkrete Maßnahmen für den Umgang mit BrandBidding finden sich weiter unten.

 

- Ermittlung des Schadens durch AdHijacking

Wie AdHijacking technisch funktioniert, haben wir im letzten Teil detailliert beleuchtet.

Um den Schaden zu dokumentieren, ist eine genaue Aufzeichnung der Aktionen des AdHijackers notwendig. Hier muss man besonders beachten:

- Hohe Analysefrequenz (AdHijacker arbeiten in kurzen Zeitintervallen, um nicht entdeckt zu werden)
- Regionale Abdeckung (AdHijacker arbeiten regional ausgesteuert, um einer Entdeckung zu entgehen)
 

Ermittlung-Schaden-AdHijacking

 

In diesem Beispiel sieht man ein typisches Buchungsprofil eines AdHijackers. Er verdrängt die Anzeige des Markeninhabers wochentags ab 19:00 Abends bis 02:00 Nachts und am Wochenende ganztägig. Zu diesen Zeiten arbeitet der Markeninhaber in der Regel nicht, so dass eine zufällige Entdeckung weitestgehend ausgeschlossen scheint.

Findige AdHijacker nehmen darüber hinaus die Stadt oder das Bundesland von der Auslieferung der Anzeigen aus, in der der Markeninhaber oder auch dessen Agentur sitzen. Dies vermindert die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Entdeckung weiter.

Weiterhin schalten die AdHijacker die Anzeigen nur in ganz kurzen Zeitintervallen. Ansonsten droht ihnen die Entdeckung, da ja zu Zeiten, in denen sie die Anzeige „entführen“, kein Traffic mehr direkt beim Markeninhaber ankommt. Sie greifen sich 1-2 Konversionen ab, deaktivieren die Anzeige und reaktivieren sie z.B. nach 15 Minuten Pause. Es kommt immer noch genügend „eigener“ Traffic beim Markeninhaber an, so dass optimalerweise keiner mißtrauisch wird.

Tip: Dreiste AdHijacker nutzen es aus, falls der Markeninhaber keine eigene Anzeige unter seinem Markenbegriff schaltet. Sie setzen dann eine eigene Anzeige auf, in der sie sich meist als „Offizieller Shop“ ausgeben und profitieren von den hohen Konversionen unter den Marken. Auch diese AdHijacker nutzen natürlich die oben angesprochenen Möglichkeiten, sich zu verbergen.

 

Jetzt habe ich einen AdHijacker entdeckt. Welcher Schaden entsteht?

Der Schaden bei AdHijacking bemisst sich aus dem Unterschied der Eigenkosten pro Stunde Werbung zur gezahlten Affiliate-Provision pro Stunde, die der AdHijacker aktiv ist.

Um den Schaden zu errechnen, muss man die Gesamtzeit ermitteln, die der AdHijacker die eigene Anzeige verdrängt hat. In oben stehendem Beispiel sind das in nur 6 Tagen bereits 48 Stunden.

 

AdHijacker entdeckt

 

In diesem Beispiel zahlt der Markeninhaber bei 200 Klicks pro Stunde 0,04ct./Klick. Daraus ergeben sich Eigenkosten in Höhe von 8 EUR/h für den Markeninhaber. In 48 Stunden sind dies EUR 384,00.

Bei einer Konversionsrate von 10% tätigt der Markeninhaber 20 Abverkäufe pro Stunde. Da die selbe Anzeige durch den AdHijacker verwendet wird, erzielt er ebenfalls 20 Abverkäufe pro Stunde.

In 48 Stunden kann der AdHijacker also 960 Abverkäufe realisieren. Beträgt die Affiliateprovision nur EUR 6,50 je Abverkauf, so kassiert der AdHijacker nach 48h eine Provision von EUR 6.240,00.

Diese Provision ist aber unberechtigt, da der Nutzer auch auf die Originalanzeige des Markeninhabers geklickt hätte, wäre sie nicht durch den AdHijacker verdrängt worden.

 

- Welche Maßnahmen kann man zur Sicherung der eigenen Umsätze ergreifen?

 

Maßnahmen Sicherung Umsätze

 

Zuallererst – und das vor jeder Überwachung – müssen konkrete Ziele definiert werden. Was macht man, wenn man einen BrandBidder oder AdHijacker entdeckt? Eine Überwachung rechnet sich nur, wenn die Ergebnisse der Überwachung letztlich in konkreten Maßnahmen enden.

Die Prozesse der Überwachung, Identifikation und Dokumentation sollten durch externe Dienstleister abgedeckt werden. Nur diese sind in der Regel in der Lage, eine permanente Überwachung mit hoher Abfragefrequenz und regionaler Abdeckung durchzuführen.

Jetzt müssen die Maßnahmen umgesetzt werden. In vielen Fällen werden Unternehmen spätestens jetzt von der Realität eingeholt:

- Prozess der Störerermittlung und –verfolgung ist ressourcenintensiv
- Mangelnde Sachkompetenz bei / Angst vor telefonischer Diskussion mit Störern
- Mangelnde Information über mögliche Maßnahmen bei BrandBidding und AdHijacking

Oft wird die Markenüberwachung dann wieder eingestellt, da sich keiner mit dieser Sache wirklich befassen will. Und der Schaden wächst...

Inzwischen gibt es spezialisierte Dienstleister, die professionelle Unterstützung bei der Rückführung des Traffics anbieten. Diese übernehmen Ermittlung und Kommunikation mit dem Störer.

- Maßnahmen bei BrandBidding

Entgegen der landläufigen Meinung, man könne nichts gegen BrandBidder unternehmen, weil es ja „erlaubt“ sei, muss man oft nicht die juristische, sondern die rein wirtschaftliche Komponente nüchtern betrachten. In den wenigsten Fällen erzielen BrandBidder nachhaltig gute Konversionsraten unter fremden Marken.

Sucht ein Nutzer einen Markennamen, oder gar die Domain eines Anbieters, so ist er in seinem Kaufprozess bereits weit fortgeschritten. Daher wird er eher auf die Anzeige des gesuchten Anbieters klicken, als z.B. auf die eines Konkurrenten.

Es empfiehlt sich die direkte Kontaktaufnahme und ggfs. die gegenseitige Aufnahme der Markenbegriffe auf die Negativliste der Suchmaschinen. Dadurch profitieren beide Parteien von sinkenden Kosten pro Klick, da die Anzahl an Mitbietern maßgeblich für den Klickpreis ist.

- Maßnahmen bei AdHijacking

Die Maßnahmen bei AdHijacking hängen davon ab, ob das Affiliate Programm selbst betreut, oder von einer darauf spezialisierten Agentur verwaltet wird. Der jeweilig Verantwortliche sollte sich dabei auf eine möglichst juristisch sichere Dokumentation verlassen können.

Mit dieser Dokumentation kann man direkt auf den Affiliate zugehen (falls bekannt), oder man wendet sich an das jeweilige Affilliate Netzwerk zur Unterstützung. Hilfreich ist es dabei, wenn das Überwachungssystem auch das jeweilige Affiliate Netzwerk und die Affiliate ID des Affiliates ausweisen kann.

In der Regel reicht die Verwarnung des Affiliates bei gleichzeitiger Sperrung der Provisionen im fraglichen Zeitraum. In Wiederholungsfälle kann man den Affiliate auch von einer weiteren Teilnahme am Affiliate Programm ausschließen.

In Einzelfällen passiert es, dass der AdHijacker weiter aktiv bleibt, obwohl er bereits von der Teilnahme am Affiliate Programm ausgeschlossen wurde. Dies ist umso ärgerlicher, da der Markeninhaber auf einmal keine Möglichkeit mehr hat, seinen Anzeigentext zu ändern, es sei denn, er erhöht sein eigenes Gebotslimit. In diesen Fällen bleibt nur der Gang zum Anwalt.

Im nächsten uns letzten Teil unserer Serie beschäftigen wir uns mit der Frage, ob Inhouse SEA eine professionelle SEA Agentur ersetzen kann. Braucht man im 21. Jahrhundert überhaupt noch SEA Agenturen? Und ab welcher Unternehmensgröße rechnen sich interne Mitarbeiter?

Die Fortsetzung des Leitfadens (Teil 8) finden Sie in der nächsten Ausgabe.

 

 


 

Peter HeroldPeter Herold
Gründer und Geschäftsführer der Münchner Xamine GmbH. Der 40-Jährige
blickt auf eine langjährige und vielseitige Karriere als Unternehmer zurück.
Xamine arbeitet in 47 Ländern weltweit und untersucht rund um die Uhr
über 75 Millionen Werbeanzeigen, 48 Millionen Domainnamen und mehr als
1,4 Mrd. Suchergebnisse auf den drei größten Suchmaschinen im Netz.
Kernkompetenz des Unternehmens ist, die Kunden über all das zu
informieren, was im Web für das Unternehmen oder die Marke relevant ist:
Wie sich das Online-Marktsegment zusammensetzt, wer die relevanten
Mitbewerber sind, welche Strategien sie anwenden, ob Schutzrechte der
Marke verletzt werden oder ein Imageschaden im Netz droht.

 

 

Controlling zur Sicherung des Erfolgs (Teil 2)

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